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6. Dezember 2017

Schimmelbefall

Malermeister Rötzschke - Tipps & Trick

Schäden an der Bausubstanz sind so vielfältig, dass es keinen Sinn macht, hier alle aufzuzählen. Der größte und von uns am häufigsten anzutreffende Schaden ist jedoch Schimmelbefall. Daher hier ein paar Anmerkungen zu diesem Übel.

Das Thema „Schimmel an der Wand“ ist heute ein Dauerbrenner geworden. Meist geht es um falsche Bauweise, falsches Lüften und ungenügende Heiztechnik. Auf die häufigsten Fallgestaltungen soll hier eingegangen werden, um unseren Lesern die Möglichkeit zur richtigen Weichenstellung bei der Problembehebung zu geben.

Voraus: Schimmelbefall ist nicht nur ein baulicher Mangel. Erhebliche Gesundheitsgefahren sind damit verbunden. Deswegen dürfen die nachfolgenden Empfehlungen nicht als verbindliche Lösungen verstanden werden, sondern sind Bedarfsweise durch medizinischen und Mykologischen Sachverstand zu ergänzen.

Begutachtung des Schimmelbefalls: Werden aus Beweissicherungsgründen, zur Begutachtung gesundheitlicher Risiken oder bei unklarer Befallslage detaillierte Untersuchungen über Umfang und Art des Befalls erforderlich, sollte man sich zunächst vom staatlichen Gesundheitsamt beraten lassen. Diese können dann Sachverständige für die weiter Untersuchung benennen. Tipp: Mehrere Angebote einholen und den Auftrag mit dem Gesundheitsamt abstimmen.


Fallgruppe Feuchte und Schimmel im Wohnbereich:

Meistens geht es um Schimmel in wenig geheizten Schlafräumen und anderen untertemperierten Bereichen. Soll man Innen- bzw. Außendämmung anbringen, um die Wandtemperatur zu erhöhen und die „eiskalte Wand“ zu vermeiden?

Schimmel braucht Feuchte. Diese kommt – von Extremfällen undichter Dächer oder nässender Altkamine mal abgesehen – aus der überhöhten Raumluftfeuchte. Ein Vierpersonenhaushalt gibt täglich zwischen 7-15 Liter Wasser in die Raumluft ab. Und dagegen hilft die allseits beschworene „Stoßlüftung“ gar nichts. Ist die Luft zu feucht, kondensiert sie in die Wand und bildet dort flüssiges Wasser in den Baustoffporen. Um dieses zu verdampfen, müßte Energie aufgewendet werden. Stoßlüftung – und ebenso ständig gekippte Fenster – liefern aber keine Energie. Im Gegenteil:die Außenwände kühlen weiter ab, der Kondensateintrag nimmt weiter zu. Im Klartext: Jegliche Art von Dämmstoffverbau in den Wohnräumen ist hinausgeschmissenes Geld. Obendrein, und das belegen sowohl Heizkostenvergleiche gedämmter und ungedämmter Häuser wie auch das sogenannte Lichtenfelser Experiment, wandern einseitige Temperaturerhöhungen durch die üblichen Dämmstoffe in großer Geschwindigkeit hindurch. Nur speicherfähige Massebaustoffe wie Holz und Ziegel können den Wärmeabfluß wirklich bremsen.
Zwei Maßnahmen zur Schimmelbeseitigung im Wohnbereich können helfen:

Einmal die ausreichende Fugendurchlässigkeit der Fenster. Gummilippendichte Fenster sind regelmäßig die Auslöser des Schimmelproblems. Abhilfe auf einfachste Art leistet das Entfernen der Lippendichtungen am oberen Rahmenanschluß (Sturzbereich).

Nicht an den Seiten, es könnte Schlagregen eindringen! Und nicht unbedingt an jedem Fenster, sondern stufenweise, bis sich der Erfolg einstellt. Also: geringfügige Dauerlüftung durch die Fensterfugen tauscht ständig Raumluftfeuchte gegen trockene Außenluft ab. Stoßlüftung alleine – nach dem Duschen sicher sehr sinnvoll – kann Kondensat in der Außenwand jedoch nicht sicher vermeiden. Die alten Fenster ohne Gummilippendichtung waren also raumlufttechnisch perfekt und entsorgten überschüssige Feuchte schimmelfrei durch Kondensation am Glas.

Zum anderen hilft eine ausreichende Wärmeversorgung der betroffenen Schimmelwand mittels Strahlungsheizung. Die üblichen Konvektionsheizungen erwärmen vorrangig die Raumluft und lassen die kondensatgefährdeten Außenwände unterkühlt. Kondensateintrag und Schimmel sind die Folge. Eine einfache Ergänzung der vorhandenen Heizungsrohre kann das Problem mit wenigen Metern Rohrverlegung lösen: als offen geführte „Heizschleife“ mit dauernder Warmwasserzirkulation mittels ungedämmter Heizleitung auf der Sockelleiste. Eine Strahlungsheizung erwärmt ja vorrangig das Bauteil und nicht die Luft. Ohnehin sind Luftheizungssysteme gesundheitlich sehr bedenklich: sie mißbrauchen und verschmutzen unser wichtigstes Lebensmittel – die Atemluft. Die Hüllflächentemperierung als Strahlungsheizungssystem ist deswegen nicht nur aus Gründen des Schimmelschutzes sinnvoll.


Fallgruppe Schimmelbefall als Folge nasser Kellerwände:

Hier geht es zunächst wieder um Kondensat auf kühlen Bauteilen. Da Kellerwände oder unbeheizte Flure gerade gegenüber der feuchtwarmen Sommerluft besonders kühl sind, nehmen sie bei sommerlicher Lüftung geradezu extreme Kondensatmengen auf. Lüftung sollte dort also nur erfolgen, wenn die Außenluft deutlich kühler als die Oberfläche der Wände ist. Dies ist in Eingangsbereichen natürlich unmöglich. Hier sind feuchtestabile und gut kapillartrocknende Luftkalkputze und Kalktünchen vorteilhaft. Die „guten“ Dampfdiffusionswerte mancher Synthetikfarben sind leider ohne jeden Belang. Sie blockieren nämlich die kapillare Austrocknung der flüssig vorliegenden Bauteilfeuchte aus den Poren. Wichtig: Der Feuchtetransport in Bauteilen erfolgt 1000fach mehr flüssig als dampfförmig. Die vielbeschworene Dampfdiffusion spielt also baupraktisch keine Rolle.

Die zweite Feuchtequelle kommt aus der Baugrube. Dabei handelt es sich meist nicht um sogenannte „aufsteigende“ Feuchte. Diese ist im üblichen Mauerwerk geradezu unmöglich: es gibt nämlich keinen Kapillartransport zwischen kleinporigen Mauersteinen und grobporigem Mörtel. Nachträgliche Horizontalisolierungen und Injektagen sind also nicht zielführend, sondern schädigen den Geldbeutel und das Mauerwerk. Die wahre Feuchteursache ist meistens eine Baugrube, wasserdurchlässig verfüllt, vielleicht verstärkt durch setzungsbedingt undichte Abwasserrohre. Bei ausgiebigen Regenfällen füllt sich das Wasser in der Grube und überwindet die gegebene Bauwerksabdichtung dank hohem Staudruck von der Seite, aber auch von der Bodenplatte her als drückende Feuchte. Eine fehlerhafte Drainage kann zusätzlich Stauwasser heranführen. Am besten wäre hier eine lagenweise Abdichtung der Baugrube mit wasserdichtem Deponieton von unten her. Ob eine nur oberseitige deckelartige Abdichtung mit Deponieton für Garten- und Landschaftsbau hilft, künftiges Absaufen der Baugrube zu verhindern oder auf ein unschädliches Maß zu beschränken, muß vor Ort entschieden werden. Als verhältnismäßig einfache Methode ist dies auch in Selbsthilfe vorstellbar. Undichte Grundleitungen können durch Videobefahrung kostengünstig geortet werden und sind dann im erforderlichen Umfang zu reparieren.

Für die Reinigung verschimmelter Oberflächen liefert billiger Haushaltsspiritus (leicht entzündlich!) meist das beste Ergebnis. Alkohol dehydriert den Untergrund rückstandsfrei, das tötet den Schimmelbefall bis in die Tiefe. Von sonstigen Giftmittelchen oder Essigsäure ist abzuraten. Schimmelpilze lieben das leicht saure Milieu, das gerade Dispersionsfarben bereitstellen. Die hohe Alkalität von reinen Kalkprodukten schützt vor Neubefall – ohne gesundheitsschädlichen Giftzusatz (Fungizid/Algizid).


Fallgruppe Schimmel und Algen auf der Fassade:

Ungünstige Bewitterungsverhältnisse und schadensträchtig eingebaute Wärmedämmsysteme sind die Voraussetzung für schwarz, grün und braun befallene Fassaden. Ein wasserrückhaltender und trocknungsblockierender synthetisch „vergüteter“ Anstrich oder gar Kunstharzputz bietet meist die Voraussetzung für den Befall. Hier kann dampfförmiges Luftkondensat und durch das versprödete Rißnetz in der Beschichtung auch Regen eindringen und den Untergrund auffeuchten. Die kapillardichte Beschichtung blockiert dann die Trocknung. Obendrein bietet ein synthetischer Anstrich geradezu perfekte Besiedelungsbedingungen für Algen und Pilze. Deswegen werden solche Anstriche mit Algiziden bzw. Fungiziden vergiftet. Helfen kann das nur kurz, die Gifte sind ja wasserlöslich und werden durch Beregnung ausgespült. Bei Dämmfassaden ohne ausreichende Speicherfähigkeit, egal ob aus geporten Steinen, Schäumen oder Gespinsten, kommt noch erschwerend hinzu, daß sie am Abend sehr schnell unterkühlen. Die dann ebenfalls abkühlende Luft kondensiert dann in die kalten Fassaden ein und liefert die Wachstumsvoraussetzungen für Schimmel und Algen. Nun kann man befallene Fassaden als Dauerbaustelle pflegen, also immer wieder reinigen, Risse reparieren, neu beschichten mit vergifteten Anstrichen. Die klassische Fassadenreparatur mit befallshindernden Kalkprodukten, ausreichendem Witterungsschutz und gut trocknungsfähigen hinterlüfteten Verschalungen bietet dazu eine sinnvolle Alternative.